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Bitcoin: Gefahr für Kleinanleger

Es vergeht mittlerweile kaum noch ein Tag, an dem man nicht auf den einschlägigen Wirtschafts-Websites von der Bitcoin-Blase und dem Run auf Kryptowährungen liest. Sagenhafte Geschichten werden im Internet kolportiert, wie beispielsweise die, dass vor einigen Jahren jemand im Internet ein paar Bitcoins ausgelobt hatte für denjenigen, der ihm zwei Pizzen nach Hause liefert. Hätte er sie behalten und stattdessen mit Dollar bezahlt, wäre er heute Multimillionär.


Es geht aber auch ganz real. Vergangene Woche erzählte mir eine Bekannte, ihr 18jähriger Sohn habe ihr gerade vorgejammert, dass er seine Bitcoins viel zu früh – nämlich im Frühjahr – verkauft habe. Hätte er dies nicht getan, wäre er jetzt um tausende Euro reicher.


Peer Steinbrück würde jetzt sagen: Hätte, hätte, Fahrradkette.


In der Tat ist der Bitcoin, die bekannteste und erste der sogenannten Kryptowährungen, in der Gesellschaft und damit auf breiter Basis angekommen. Das hat einige Jahre gedauert. Das virtuelle Geld gibt es nämlich bereits seit 2009. Wer es erschaffen hat, weiß niemand so genau. Der oder die Programmierer unterzeichneten damals bei der Veröffentlichung ihr White Paper (also das zugrundeliegende Konzeptpapier) mit dem Pseudonym Satoshi Nakamoto. Das Konzept basiert auf der sogenannten Blockchain, einer Art verschlüsselten Datenbank, die bei allen Marktteilnehmern abgespeichert wird und zu der jede einzelne neue Transaktion hinzugefügt wird. Je mehr Marktteilnehmer und Transaktionen es also gibt, desto schwieriger ist es, diese Datenbank zu manipulieren, da Änderungen an einer Kopie durch Abgleich mit allen anderen Kopien sofort auffallen würde.


Vermutlich war Bitcoin als Gegenentwurf zu den existierenden Währungssystemen gedacht. Da es keine staatliche Zentralbank gibt, die das Geld herstellt und damit Kontrolle über die Geldmenge hätte und weil diese Kryptowährung auch mit allen Währungen weltweit konvertibel ist, sollte sie frei von Kontrollen, Grenzen und sicher vor staatlichen Eingriffen sein. Als die weltweite Finanzmarktkrise tobte und niemand wusste, ob seine Dollars, Aktien oder Anleihen am nächsten Tag noch etwas wert sein würden, erblickte der Bitcoin das Licht der Welt.


Ob ein Bitcoin überhaupt jemals einen Wert haben würde, konnte „Satoshi Nakamoto“ anfangs nicht wissen. Aber die Wahrscheinlichkeit war ziemlich groß. Denn von Anfang an waren sowohl Knappheit als auch Begrenztheit in die DNA dieser digitalen Währung einprogrammiert worden: Zum einen können neue Bitcoins nur durch – im Zeitablauf immer kompliziertere - Rechenoperationen hergestellt werden (das sogenannte „Mining“, also Schürfen) und zum anderen ist die Gesamtmenge der Bitcoins von vornherein auf 21 Millionen Einheiten festgelegt. Das bedeutet, dass einerseits neue Bitcoins immer langsamer hinzukommen und andererseits, dass es keine mengenbedingte Inflation geben kann.

„Satoshi Nakamoto“ sollte recht behalten: Während sich anfangs nur ein paar Nerds und Verschwörungstheoretiker mit dem Thema befassten, wurde nach Jahren der allmählichen Popularität dem Bitcoin kürzlich eine Art bittersüßer Ritterschlag erteilt: Seit Mitte Dezember werden an der CME in Chicago Terminkontrakte auf Bitcoin gehandelt. Damit ist der Einstieg der Bankenwelt in das Geschäft mit der Alternativ-Währung besiegelt und damit ist auch genau das passiert, was die Erfinder des Bitcoin sicherlich nicht gewollt hätten. Verschiedene Großbanken hatten im Vorfeld angekündigt, ins Geschäft mit Bitcoin Futures einzusteigen. Nun können also diejenigen Spekulanten, die einen steigenden Bitcoin-Kurs voraussehen, über diese derivativen Geschäfte gegen jene wetten, die das genaue Gegenteil erwarten. Wenn dann das Geschäft an einem bestimmten Tag in der Zukunft abgerechnet wird, wird die Differenz zwischen anfangs festgelegtem Kurs entweder eingestrichen – oder sie muss bezahlt werden. Das ist nichts für schwache Nerven oder konservative Investoren. Alleine seit Anfang 2017 stieg der Preis für einen Bitcoin von etwas über 1.000 US-Dollar auf ca. 20.000 US-Dollar kurz vor Weihnachten. Dabei hat er sich alleine seit Mitte November gut verdreifacht. Jeder Futures-Kontrakt hat ein Nominal von 5 Bitcoins, und das erste Settlement Date (Fälligkeitsdatum) ist der 31. Januar 2018. Liegt also der Preis pro Bitcoin an diesem Stichtag um vergleichsweise lächerliche 500 Dollar über oder unter dem im Kontrakt anfänglich festgelegten Zielpreis, gewinnt oder verliert ein Spekulant pro Kontrakt 2.500 USD-Dollar. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Abweichung deutlich größer ausfallen wird, ist allerdings sehr hoch.


Für frühe Investoren, die ihre Bitcoins noch in ihren elektronischen Geldbörsen („wallets“) haben, hat sich das Investment sicherlich gelohnt, aber nur, wenn sie jetzt ihre Buchgewinne auch tatsächlich realisieren und ihre Bitcoins verkaufen. Vermutlich geschieht dies auch, denn die Anzahl der Trades ist auf den einschlägigen Plattformen in den vergangenen Wochen und Monaten stark angestiegen. Allerdings ist eher zu befürchten, dass die meisten, die jetzt neu in diese digitale Währung investieren und damit ihre Dollar, Yen, Rubel oder Euro in Bitcoin umtauschen, auf noch höhere Preise spekulieren.


Die Frage, die sich aufdrängt, ist: Weshalb? Warum gibt es Menschen, die glauben, dieses elektronische Gebilde würde noch teurer als es ohnehin schon ist? Bei einem Preis von derzeit knapp 19.000 USD hat Bitcoin eine aktuelle Marktkapitalisierung von knapp 317,2 Mrd. USD. Das ist etwas mehr als der gesamte Haushalt der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2017. Und trotzdem gehen Investoren davon aus, dass das noch mehr wird.


Vermutlich stellt sich die Frage nach dem Warum vielen gar nicht, schließlich kannte der Preis des digitalen Geldes bisher nur eine Richtung: nach oben. Nachdem es mittlerweile auch für Anfänger möglich ist, sich mittels kostenlosem Wallet und einer Kreditkarte in Minutenschnelle Bitcoins ins elektronische Portemonnaie zu laden, steht zu befürchten, dass die unausweichliche Ernüchterung in Form massiven Geldverlustes eine ganze Reihe von Kleinanlegern treffen wird, die jetzt auch ihr Stück vom digitalen Kuchen abhaben möchten. Aber sie sind diejenigen, die nicht über Computeralgorithmen verfügen, die im Hochfrequenzhandel der professionellen Trader die Bestände losschlagen, sobald bestimmte Handelssignale erreicht sind. Die Blockchain wickelt die Transaktionen sequentiell ab, also nach dem Prinzip, wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Wenn sich also die Kleinanleger morgens beim verschlafenen Blick in ihr Wallet die Augen reiben, weil sich der Preis ihrer Bitcoins über Nacht halbiert hat, sind die Profi-Trader bereits beim übernächsten Deal.

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